Herzlich Willkommen im Übungsbereich
Ich freue mich, dass wir trotz Corona zusammengekommen sind und gemeinsam einen Blick in das Modell der Gewaltfreie Kommunikation nach Marshall B. Rosenberg geworfen haben. Hier auf dieser Seite findet ihr folgende Unterlagen:
- Die Zusammenfassung des zentralen Inputs findet ihr gleich hier auf dieser Seite (einfach runter scrollen und lesen).
- Im Download-Bereich weiter unten (im grauen Feld), findet ihr das Fotoprotokoll und das Skript, sowie einen Bedürfnis- und Gefühlswortschatz.
- In der rechten Spalte findet ihr noch ein amüsantes Video welches aufzeigt, wie schwierig es sein kann, klare Bitten zu stellen :-)
Eine wertschätzende Haltung aufbauen
Das für mich beste Konzept - um eine wertschätzende und einfühlsame Haltung einzunehmen - ist das Modell der „Gewaltfreie Kommunikation” nach Marshall B. Rosenberg (auch GFK genannt). Das Modell der GFK besteht aus vier Bereichen und diese sind symbolisch in der Form eines Menschen dargestellt.
- Kopf
- Herz
- Bauch
- vielen Beine
Um das Einnehmen einer enfühlenden Haltung für den Anfang möglichst einfach und effizient darzustellen, sind die vier Schritte der GFK in 3 To dos gegliedert.
Es geht darum:
- eine Entscheidung zu treffen.
- eine Sache zu zulassen.
- eine Unterscheidung vorzunehmen.
Hier findest du die detailierte Ausführung dieser drei To dos:
Das Erste was zu tun ist, um eine einfühlende und wertschätzende Haltung einzunehmen, ist die Entscheidung zu treffen ob man bewertet, oder beobachtet. Etwas zu bewerten ist nicht besser oder schlechter, als etwas zu beobachten. Das Ziel in diesem Kapitel ist es, beides voneinander zu trennen. Der Lebensalltag verlangt, dass wir bewerten, einschätzen und interpretieren. Anders könnte man zum Beispiel auch keine Autofahrt bewältigen. Ohne dass eine Situation eingeschätzt und interpretiert wird, könnte man nicht - im entscheidenden Moment - schnell und angemessen darauf reagieren. Beim Beobachten ist das etwas anders. Es geht darum, die klaren und eindeutigen Fakten zu erkennen und gegebenenfalls auch auszudrücken. In dieser Haltung nimmt man sich Zeit zum Hinschauen und versucht das „wirklich” Beobachtbare darzulegen. Wie lauten die tatsächlich, beobachteten Zahlen, Daten und Fakten? Dieser erste Schritt ist der „Türöffner”eines Kommunikationsprozesses. Noch bevor es mit der Kommunikation weiter geht, werden die Fakten auf den Tisch gebracht.
Beispiel:Über ein - „...du bist schon wieder zu spät gekommen...”– könnte man streiten. Der/die andere sagt dann vielleicht „...ich bin doch nicht zu spät...”oder „...du bist so kleinlich, wegen einer viertel Stunde...”usw. Noch bevor die Kommunikation beginnt, verliert sich das Gespräch und es kommt zur Diskussion darüber, was denn nun zu spät sei und was nicht. Wenn man an dieser Stelle des Kommunikationsprozesses kurz und bündig die Fakten nennt, dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass ein einfühlender und wertschätzender Austausch stattfinden kann. Hier könnte der Fakt zum Beispiel wie folgt lauten: „Du bist eine viertel Stunde später gekommen, als wir vereinbart hatten.”Oder „Wir haben ausgemacht, dass wir uns um 8:00 Uhr treffen. Du bist um 8:15 Uhr gekommen.”
Klare, beobachtbare Fakten lassen wenig Spielraum für Interpretationen und bringen die beteiligten Personen dazu, JAzu sagen. Ja zum Fakt, ja zu dem was tatsächlich geschehen ist. Dadurch steigt die Bereitschaft, sich auf ein Gespräch einzulassen und deshalb auch die Bezeichnung Türöffner, oder die Phase der Türöffnung. Die Fähigkeit Fakten von Bewertungen zu unterscheiden haben alle Menschen. Mit ein bisschen Übung bekommt man den Dreh schnell raus, um angespannte und schwierige Gesprächsituationen zu eröffnen.
Ein weiterer wesentlicher Bestandteil um eine einfühlende und wertschätzende Haltung einzunehmen ist die Bereitschaft, Gefühle wahrzunehmen, zuzulassen und im Weiteren auch auszudrücken. Gefühle sind Signale. Sie sind die Botschafter unseres Innenlebens und geben uns Auskunft darüber, was wir gerade brauchen und wie wir zu dem stehen, was um uns herum passiert.
Gefühlswortschatz
Im Alltag und im Arbeitsleben gibt es häufig die Meinung, dass das Wahrnehmen und Ausdrücken von Gefühlen unpassend, oder unprofessionell sei. Diese Einstellung fördert die Verhaltensweise, nicht über Gefühle zu sprechen. Dazu kommt das Nichtvorhandensein eines ausreichenden Gefühlswortschatzes. Selbst wenn man sich dazu entschließt über Gefühle zu sprechen, fehlt ein ausreichendes Vokabular, um Gefühle in unterschiedlichen Nuancen auszudrücken.
Gefühle erkennen
Der Menschen hat einen Spürsinn für Gefühle. Mimik, Gestik, Körperhaltung, sowie Lautstärke, Rhythmus und Tempo eines Menschen, können Auskunft darüber geben, wie sich jemand gerade fühlt. ACHTUNG: Wichtig ist es nicht zu voreilig zu sein und dem Gegenüber nicht direkt ins Gesicht zu interpretieren, wie er, oder sie sich gerade fühlt. Wahre Einfühlung ist sehr achtsam. Man braucht ausreichend Sensibilität um zu erkennen, wann es gerade passt andere Menschen auf ihre Gefühle anzusprechen.
100% Kommunikation
In der Übung „Gefühle stellen” geht es darum Gefühle – die der/die Übungspartner/in durch einen körperlichen Ausdruck zeigt – zu erraten. Während der Übung wird ersichtlich, dass - neben der Tatsache, dass Menschen prinzipiell in der Lage sind Gefühle von anderen zu erkennen – ein Körper immer spricht. Man kann also, wie es der Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawick einst ausdrückte, „nicht, nicht kommunizieren kann”.In Zahlen ausgedrückt ist die Verteilung der Wirksamkeit der menschlichen Kommunikationskanäle wie folgt:
- 7% verbal
- 38% Ton (der Ton macht die Musik).
- 55% Körper
= 93% = nonverbal
Diese Zahlen zeigen auf, dass 93% unserer Botschaften und Signale nonverbal sind, und das unterstreicht die Wichtigkeit der Bereitschaft, die eigenen Gefühle zuzulassen und gegebenenfalls auch auszudrücken.
Der dritte und zentrale Schritt um eine wertschätzende und einfühlende Haltung einzunehmen, ist die Fähigkeit Bedürfnisse von Strategien zu unterscheiden.
„Menschen handeln immer aufgrund ihrer Bedürfnisse
und Bedürfnisse sind immer OK.“
Bedürfnisse sind der Grund für das tagtägliche Handeln. Anders ausgedrückt kann man sagen, dass Bedürfnisse die inneren Antriebe von uns Menschen sind. Wichtig dabei ist: Alle Bedürfnisse sind immer legitim und in Ordnung. Wenn uns nicht gefällt was jemand tut, dann richtet sich eine Kritik stets an die Strategien eines Menschen. Niemals aber wird das Vorhandensein eines Bedürfnisses kritisiert, oder bemängelt. Strategien sind die Handlungen, die dafür sorgen, dass Bedürfnisse befriedigt werden. Wenn jemand Ruhe braucht, kann er/sie die Strategie - „ein Schläfchen machen” - wählen, oder gemütlich spazieren gehen. Wenn jemand gerne entspannt und effizient arbeiten möchte, kann er/sie beispielsweise andere darum bitten still zu sein, und so weiter. Um eine wertschätzende Haltung einzunehmen, ist es wichtig ein Bewusstsein darüber zu erlangen, dass eine Kritik am Verhalten anderer Menschen niemals auf Bedürfnisebene stattfindet. Das was man am Verhalten anderer kritisiert, betrifft stets die Handlungsweisen, also die Strategien die jemand wählt.
Beispiel: Wenn jemand das Bedürfnis nach Entspannung und Erholung verspürt und dazu das Licht im Großraumbüro einfach abschaltet, dann werden vermutliche viele Menschen etwas dagegen haben. Die Kritik richtet sich allerdings nicht gegen das Bedürfnis Entspannung und Erholung, sondern gegen die Strategie Lichtabschalten. Wenn sich der/die Betreffende die Kopfhörer in die Ohren steckt und für einige Minuten eine Meditation macht, werden alle anderen im Raum vermutlich damit einverstanden sein.
Verstehen vs. Einverstanden sein
Im Kontext einer einfühlsamen und wertschätzenden Haltung kommt es manchmal zu der Verwechslung zwischen den Begriffen Verstehen und Einverstandensein. Oft haben Seminarteilnehmer/innen den Eindruck, als müssten sie - nachdem sie erkannt haben, dass Menschen immer aufgrund ihrer Bedürfnisse handeln - ab nun mit allem einverstanden sein, was andere tun. Doch das ist nicht so! Jemanden zu verstehen bedeutet nicht, dass man damit einverstanden ist, was jemand tut.
Beispiel:Wenn ein Mensch einen anderen Menschen schlägt, kann man diese Handlung – unter der Berücksichtigung der oben genannten Unterscheidung (Bedürfnisse vs. Strategien) verstehen. Vermutlich befriedigt sich der/die Schlägerin mit einem Schlag Bedürfnisse wie Gerechtigkeit, Selbstbestimmung, oder Respekt. Mit der Strategie „Schlagen” ist man allerdings nicht einverstanden. Das bedeutet also: Ja zu den Bedürfnissen Gerechtigkeit, Selbstbestimmung und Respekt. Nein zu der Strategie „Schlagen”.
Erweitern des Handlungsspielraums
Die Erkenntnis, dass es eine Vielzahl an Strategien gibt, um Bedürfnisse zu befriedigen, vergrößert den persönlichen Handlungsspielraum.
Beispiel:Der Satz: „Ich brauche einen Spaziergang...”macht die persönliche Handlungs-Welt klein. Sollte die Möglichkeit nach einem Spaziergang gerade nicht gegeben sein, dann könnte man sich – mit dieser Denkweise - ein wichtiges Bedürfnis gerade nicht erfüllen. Wenn man sagt: „Ich brauche etwas Entspannung und Bewegung...” und den Satz beendet, indem man sagt:„...ich könnte...
- a) Spazierengehen.”
- b) die Treppe in den fünften Stock hoch laufen, um die Aussicht auf der Dachterrasse zu genießen.” oder
- c) meinen nächsten Termin in den Park verlegen.”
- d) und vieles mehr...
vergrößert sich die persönliche Handlungs-Welt.
Durch die Unterscheidung von Bedürfnissen und Strategien wird bewusst, dass es eine Vielzahl an Lösungen gibt, um Bedürfnisse zu befriedigen. Manchmal fehlt es nur an Kreativität und Ideenreichtum, um passende Lösungen zu finden.
Video: Das perfekte Erdnussbutterbrot
Ein Video welches aufzeigt wie schwierig es ist, eine Bitte klar auszudrücken.