Ein herzliches Hallo an alle!
Unser Paso Doble bekommt allmählich eine Form. Im Großen und Ganzen ist er jetzt fertig, bekommt in den nächsten zwei Tagen aber sicher noch einen kleinen Schliff. Bei den ersten Einstellproben im Studio, werden wir komplett im Outfit und mit Make up tanzen und sicher noch das Eine, oder Andere finden. Einen Paso Doble auf den Titel „The Black Pearl“ zu choreographieren ist beinahe eine kleine Herausforderung. Es gibt viele kleine Highlights und zudem spielt der Titel im 6/8 Takt. Das bedeutet, dass ich bei diesem Titel von 1 bis 6 zähle. Will ich also typische Paso-Figuren verwenden, so muss ich sie auf diese Zählweise umändern, oder andere Elemente einbauen. Auf jeden Fall macht es riesigen Spaß!! Ich kann mich gar nicht satt-hören von dieser Filmmusik. Mirna hat die Choreo auch wieder einmal sehr schnell intus gehabt. Obwohl sie schon merkt, dass es jede Woche etwas strenger wird. Weniger Zeit, mehr Arbeit größere Herausforderungen. Aber es klappt!!
Ich habe bei einem der letzten Briefe erwähnt, mal etwas über mein sogenanntes Fokus-Training zu schreiben. Fokussieren zu lernen ist für mich ein ganz wichtiger Bestandteil meiner Arbeit. Ich selbst praktiziere es und schule mich ständig darin. Zum einen hat es mir dabei geholfen, selbst freier und gefühlvoller zu werden und zum anderen erreiche ich ohne diese Methode keine zufriedenstellenden Ergebnisse. Ich beginne damit bereits bei meinen Kinderkursen. Die Grundidee dabei ist, dass ich übe mit meinem Körper zu denken und mit meinem Gehirn zu fühlen. Das klingt wieder einmal – typisch für mich – etwas komisch, aber lasst mich weiter erklären. Wenn es darum geht, mit einer Performance aufzutreten ist eine sichere und klare Choreographie (beim Tanzen) natürlich sehr wichtig. Wichtig ist aber nicht nur das WAS (zeige ich) sondern das WIE (zeige ich das WAS:)). Und dabei gehört nun einmal der Ausdruck dazu. Zum Beispiel das Gesicht und der Blick, oder die Haltung.
Das sind wiederum Elemente die sehr stark von unserem Gefühlsleben beeinflusst werden. Beim Paartanzen kommen dann auch noch Elemente wie die Führung, die Paarwirkung oder das Miteinander dazu. Alles Bereiche, bei denen mir ein gut trainierter Körper und eine passende Choreographie sicherlich dienlich sind. Um diese Bereiche jedoch ausreichend zu üben, braucht es – meiner Meinung nach – auch andere Trainingsinhalte. Fokussieren zu lernen gehört für mich nun einmal dazu. Ich versuche bei diesem Training die Aufmerksamkeit in einen sehr engen Rahmen zu bringen. Wenn sich zwei Menschen – bei einer Übung zum Beispiel – gegenübersitze und die Aufgabe lautet alles zu spiegeln was der/die andere macht, dann beginnen die zwei Menschen nach einiger Zeit Ereignisse, die weiter weg sind auszuschalten. Gedanken wie: „Wie sehe ich wohl dabei aus?“ oder „Mache ich schon alles richtig?“ oder „Was ist denn da für ein Lärm?“ oder „O Gott sind da viele Leute!“ verschwinden. An ihre Stelle treten ….. eben nix mehr.
Der Kopf leert sich, die Gedanken werden ruhiger und man kann sich dann ganz bewusst darauf konzentrieren, etwas Bestimmtes zu machen. Zum Beispiel fühlen. Es gibt viele Übungen zu diesem Thema, aber es geht mir hier nicht um Praktiken für den Unterricht, sondern darum klar zu machen, dass egal was man tut (ob Tanzen, Hausübungen machen oder sonst etwas ….) Übungen, die das bewusste erleben von Gefühlen erlauben und sogar fördern eine hilfreiche Maßnahme sind, um die Qualität dessen, was man gerade tut zu intensivieren. Ganz praktisch fürs Tanzen heißt das: Die Choreographie mit der ich auftrete muss ich genauestens einstudieren und üben. Somit befreie ich mein Gehirn von Gedanken über Schritte und der gleichen. Anschließend oder parallel dazu darf das aber noch nicht genug sein, denn da findet dann ein Training statt, das zum Beispiel meine Fähigkeit zu fokussieren oder wahr zu nehmen fördert. Mein Körper weiß wie von selbst was er zu tun hat und übernimmt somit das Denken (ich meine damit, dass die Bewegung durch das Training automatisiert wird) und mein Kopf wird frei, um bewusster wahr zu nehmen und zu fühlen. Wie gesagt, bei einem Tanzauftritt zeigt sich das in der Paarwirkung, oder ganz einfach im Gesicht der zwei Menschen die gerade miteinander tanzen. Dazu kommt, dass im Falle einer Choreographie, Abweichungen (Fehler, zu wenig Platz, etc.) zugleich die Spontanität erhöhen, weil das Paar ja im Einklang ist und so weiter. Ich möchte euch damit aufzeigen, dass man beim Tanzen lernen, viele Aspekte berücksichtigen und üben kann. Eben Körper, Geist und Seele.
Diese Elemente sind zudem auch noch ein hilfreiches Werkzeug für den Lebensalltag. Und das ist mir ein besonderes Bedürfnis. Ich sehe nahezu hinter allem was ich mache einen – für das alltägliche Leben – brauchbaren Sinn. Diese Einstellung hilft mir auch dabei, den nötigen Enthusiasmus für mein Tun zu entwickeln. Oft wird bei mir dann aus einer Tanzstunde beispielsweise eine „…wie berühre ich jemanden…“ Stunde.
Dieser Teil meiner Arbeit ist nicht immer einfach. Ich fordere mich dabei selbst. Immer die Nerven zu bewahren, gerade bei Übungen wo ich Menschen echt an ihre Grenzen bringe, ist nicht leicht. Gerne würde ich manchmal eine Übung unterbrechen, dem Druck der dabei im Raum entsteht nachgeben und was anderes machen. Aber es sind meistens genau diese Situationen (die mit der ganz dicken Luft), die richtig was lostreten und beeindruckende Ergebnisse liefern. Nicht gerade leicht haben es die Menschen, die in solchen Situationen mit mir zu tun haben. Nicht immer ist ein Ergebnis sichtbar und da kommt das Vertrauen, dass man dazu aufbringen muss schon mal abhanden:). Tränen, lachen oder sogar regelrecht ausflippen … alles ist dabei. Am Ende aber meistens (zum Glück) doch ein Gefühl von Erleichterung und Freude.
So, vom Paso zum glücklich sein. Wieder einmal ein recht weiter Bogen. Aber auch Mirna bleiben diese Sachen nicht erspart. Aber sie, was sag ich denn da, wir werden dadurch noch richtig coole Auftritte auf die Bühne legen. Ihr werdet sehen;)!
Bis bald, euer
G